Der HCD trauert um Gery Diethelm

 

Wie kaum ein anderer verkörperte Gery Diethelm den HC Davos: Er war Spieler, Trainer und Präsident, Meister und Absteiger. Am 20. Mai ist Gery Diethelm im Alter von 90 Jahren gestorben.

 

Vor wenigen Jahren liess Gery Diethelm an einem Sommertag während eines Interviews seine ganze HCD-Zeit – die Meistertitel als Spieler und Präsident, seine Arbeit als Trainer, aber auch seine Jugend – Revue passieren. Der damals 81-Jährige sass in Davos im Restaurant „Time-Out“ vor dem riesigen HCD-Signet und blickte aus dem Fenster hinaus auf die weite, offene Sportanlage – dorthin, wo sich während seiner Knaben- und Jugendzeit im Winter jeweils der grösste Teil seiner Freizeit abgespielt hatte. „An schulfreien Tagen ging ich, mit Äpfeln und Brot bepackt, um 9 Uhr auf die Eisbahn und blieb dann bis 17 Uhr, bis es dunkel wurde“, erzählte Diethelm. Scheinwerferlicht habe es damals genauso wenig gegeben wie Kunsteis.

 

Oft sei Bibi Torriani aufgetaucht. Er habe die Bubenschar in zwei Teams aufgeteilt – die besten fünf auf der einen, die restlichen zehn auf der anderen Seite. Und so habe man „gemätschelt“. Zu Torriani hatte Diethelm eine besondere Beziehung. Torrianis Leibchennummer 4 wurde beim HCD nach dessen Rücktritt aus Ehrbezeugung und Respekt gesperrt – bis Torriani persönlich kam und Diethelm aufforderte, ab sofort die 4 zu tragen. „In diesem Moment wurde ich 20 Zentimeter grösser“, erinnerte sich Diethelm.

 

Sein Debüt im Davoser Fanionteam gab Diethelm als Verteidiger im Dezember 1952 in Lausanne. Während 14 Jahren spielte er bis 1966 für den HCD. 1958 und 1960 liess er sich zusammen mit seinen Teamkollegen als Schweizer Meister feiern, 1957 auch als Spengler Cup-Sieger. Im Jahr danach verpasste er persönlich den erneuten Turniersieg wegen einer Gelbsucht. 20 Mal spielte Diethelm auch für das Schweizer A-Nationalteam.

 

Dem HCD blieb Diethelm auch nach seiner Spielerkarriere treu – immer ehrenamtlich. Als ein Trainer kurzfristig absagte, übernahm er in der Saison 1974/75 beim damaligen B-Ligisten spontan diese Funktion. Er tat dies nebenbei; hauptamtlich leitete Diethelm in Davos die Generalagentur einer Versicherung. Unverhofft kam er 1982 auch zum Präsidentenamt beim HCD. Klubboss Jörg Guyan befand sich wegen eines Herzinfarkts im Spital in Davos. Zur selben Zeit musste auch Diethelm wegen einer Thrombose, die zu einem Lungeninfarkt führte, ins Krankenhaus. Die beiden trafen sich auf dem Korridor des Spitals. Da meinte Guyan zu Diethelm: „Du bist noch der Gesündere von uns beiden. Jetzt musst du das Präsidium übernehmen.“ Diethelm tat dies während sieben Jahren bis im Frühling 1989. In dieser Periode sicherte sich der HCD die Schweizer Meistertitel 1984 und 1985.

 

Während Diethelms Präsidialzeit professionalisierte sich das Schweizer Eishockey generell, was mit immer grösseren finanziellen Ansprüchen der Spieler verbunden war. Ohne Klubmäzen im Hintergrund war Diethelm nicht bereit, mehr Geld auszugeben, als in der HCD-Klubkasse vorhanden war. Wie konsequent er das durchzog, dokumentiert eine Anekdote, die er erzählte: „Ich fuhr mit dem Auto 180 Kilometer weit, um einen möglichen künftigen HCD-Spieler zu treffen. Dieser hatte noch nie Nationalliga-Eis unter seinen Kufen. Der junge Akteur eröffnete mir gleich zu Beginn unseres Gesprächs, dass er unter einem Fixum von 60’000 Franken gar nicht erst diskutieren wolle. Darauf habe ich der Serviertochter die beiden Kaffees bezahlt und bin nach Hause zurückgekehrt.“ Als Folge von Diethelms sparsamer Haltung verliessen verschiedene Leistungsträger den HCD.

 

Der latente Substanzverlust im Kader und eine nicht immer glückliche Trainerwahl führten im Frühjahr 1989 zum Abstieg des HCD aus der Nationalliga A. Nachdem die Trainer Jozef Golonka und Ron Wilson das sinkende Schiff nicht hatten flottmachen können, stand bei den letzten beiden Meisterschaftsspielen Diethelm persönlich an der Bande. „Auch in einer solchen Situation muss man vorne hinstehen“, bemerkte er in der für ihn typischen geradlinigen Art.

 

Im Namen des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung sowie aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spricht der HC Davos Gery's Familie und all seinen Freunden und Bekannten sein tiefes Beileid aus. Wir werden unser Ehrenmitglied Gery Diethelm stets in bester Erinnerung behalten.